8. Jun

Seoul im Griff der Seuche

In Südkorea steigt die Zahl der Toten durch das Lungenfieber Mers

Peking. Unter den Einwohnern der südkoreanischen Hauptstadt greift zunehmend Nervosität um sich. Die Gesundheitsbehörden haben am Sonntag den fünften Todesfall nach Ausbruch der ansteckenden Krankheit MERS in Südkorea bestätigt. Am Montagmorgen stieg die Zahl der bestätigten Infektionen auf 87. Premierminister Choi Kyung-hwan hat am Wochenende einen Krisenstab einberufen, um das gefährliche Lungenfieber besser eindämmen zu können. „Umfassende Maßnahmen“ kündigte die Regierung zur Bewältigung der Krise an.

 

Mehrere Tausend Einwohner der Stadt befinden sich mit verdächtigen Symptomen in Isolation oder unter Beobachtung. Der Ausbruch in Südkorea ist der erste außerhalb des Nahen Ostens. Er zeigt, dass die Krankheit schnell in der Bevölkerung Fuß fassen kann, wenn sie einmal eingeschleppt ist. Ein Gegenmittel oder eine Impfung gibt es nicht.

 

MERS war zuerst im arabischen Raum aufgetreten. Die Abkürzung steht für „Middle East Respiratory Syndrome“, zu Deutsch: Nahost-Atemwegssyndrom. Die Viren, die es auslösen, sind vermutlich vom Kamel auf den Menschen übergesprungen. Etwa ein Viertel der Erkrankten stirbt an der Infektion.

 

Die Behörden in Seoul setzen derzeit alle Hebel in Bewegung, um die Verbreitung aufzuhalten. Gut 1300 Schulen und Universitäten sind geschlossen. Das Gesundheitsamt spürt allen Kontaktpersonen von Infizierten nach, die sich angesteckt haben könnten. Wenn sie keine Symptome zeigen, müssen sie dennoch vorsichtshalber zuhause bleiben. Es droht eine Strafe von 2500 Euro, wenn die Betroffenen dennoch beispielsweise mal eben zum Kiosk um die Ecke gehen. Wer gar Husten oder Fieber bekommt, wird in der Infektionsabteilung spezialisierter Krankenhäuser von den anderen Patienten luftdicht getrennt.

 

Die Regierung hofft, dass die Zahl der neuen Ansteckungen jetzt abnimmt. „Alle bisher festgestellten Fälle haben sich in Krankenhäusern infiziert“, sagt ein Sprecher der Nachrichtenagentur Yonhap. Es sei zwar damit zu rechnen, dass weitere Patienten Symptome entwickeln, doch „die Zahl der Infektionen könnte nach diesem Wochenende zurückgehen.“

 

Das hoffen die Behörden allerdings bereits seit Bekanntwerden des ersten Falles am 20. Mai, ohne dass der Trend sich bisher umgekehrt hat. Die Öffentlichkeit ist enttäuscht von ihrer Regierung, die im Jahr 2003 die vergleichbare Lungenseuche SARS energisch und erfolgreich bekämpft hatte. Präsidentin Park Geun-hye hat dagegen diesmal einfach ihren Terminplan fortgesetzt, statt die beginnende Krise zur Chefsache zu machen – und der Premier hat den Krisenstab nun auch erst einberufen, als die Patienten zu sterben begannen.

 

Für die Wirtschaftsnation Südkorea rückt derzeit zugleich noch ein weiterer Aspekt in den Vordergrund: mögliche Konjunkturprobleme, falls der Ausbruch sich hinzieht. „Wenn die Lage sich verschlimmert, könnte das die Nachfrage und die Investitonen belasten“, sagt Analyst Lim Hee-jung vom Hyundai Research Institute. Viele Leute trauen sich nicht mehr auf die Straße. Wenn die Ansteckungsketten sich fortsetzen, werden auch Betriebe schließen müssen. Touristen und Geschäftsreisende haben bereits ihre Flüge nach Seoul abgesagt.

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