9. Mrz
China rüttelt sich fest
“Das Regime in China kracht demnächst zusammen!”, so lautet die These eines Beitrags im Wall Street Journal. Ja, das haben wir oft gehört. Diesmal ist die Gemeinschaft der China-Beobachter jedoch hellhörig geworden.
Die Meinung kommt von dem Sinologen David Shambaugh, von dem zwei Bücher hinter mir im Regal stehen, während ich das schreibe. Er ist hoch angesehen und auch in offiziellen Kreisen in Peking respektiert. Warum plötzlich das Untergangsszenario?
Shambaugh nennt eine Reihe von Gründen, warum China nun plötzlich instabil werden soll. Dazu gehört ein historischer Vergleich mit der Sowjetunion, deren Ende vor 1990 auch kaum jemand hat kommen sehen.
Der wichtigste Grund für den drohenden Untergang der Kommunisten liegt Shambaugh zufolge in der Säuberungs- und Antikorruptionskampagne, die Präsident Xi Jinping derzeit durchzieht. Wenn die Parteimitglieder sich nicht mehr bereichern können, machen sie nicht mehr mit, so die Logik.
Zugleich befinde sich die Wirtschaft des Landes in einer Sackgasse, argumentiert Shambaugh. Das alte Wachstumsmodell sei zerbrochen, ein neues sei nicht in Sicht.
All da finde ich wenig überzeugend. Es gibt im Gegenteil viele gute Gründe anzunehmen, dass die Einparteienherrschaft der Kommunisten noch eine ganze Weile hält.
Xi hat beispielsweise eindeutig die Kontrolle über das Militär und die Geheimdienste. Niemand im Land kann Opposition wirklich wagen – und es wagt derzeit tatsächlich kaum einer, zu widersprechen.
Wirtschaftspolitisch steht China zugleich gut da. Das Land hat massig Kapital und keine Auslandsschulden. Es gibt eine ganze Reihe von exzellenten Unternehmen. Chinesische Produkte sind weltweit gefragt. Die Chinesen haben Eigeninitiative und sind gut organisiert. Die Urbanisierungsstrategie schafft in den kommenden Jahren Millionen fast sicher neuer, hochwertiger Arbeitsplätze.
Kurz gesagt, China befindet sich in einer völlig anderen Situation als die Länder, die Shambaugh zum Vergleich anführt: die Sowjetunion, die Länder des arabischen Frühlings oder die osteuropäischen Länder der Farb-Revolutionen.
Shambaugh sieht die Lage meiner Ansicht nach zu politisch – Wechselstimmung entsteht jedoch ganz überwiegend in Volkswirtschaften mit wirtschaftlichen Problemen.
Die Kommunistische Partei hat jedoch den Großen Sprung nach Vorn, die Kulturrevolution und die Studentenbewegung von 1989 überlebt. Warum sollte ihr die Periode eines neuen Wohlstands für China zum Verhängnis werden?
Ja, Xi Jinping hat einen strafferen Führungsstil. In der Partei lässt er kaum einen Stein auf dem anderen. Doch sie rüttelt sich vermutlich dadurch eher fest – statt zusammenzukrachen.