11. Jun
China schickt Spionagechef Zhou in den Knast
Zhou Yongkang war einer der mächtigsten Männer des Landes – bis es sich mit Präsident Xi angelegt hat
Peking. Der einstmals gefürchtetste Mann Chinas ist am Donnerstag zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein Gericht in der Küstenstadt Tianjin hat den gefallenen Spitzenpolitiker Zhou Yongkang für schuldig befunden, seine Macht missbraucht und Bestechungsgelder angenommen zu haben. Das meldet am Abend die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.
Zhou gehörte bis 2012 dem Ständigen Ausschuss des Politbüros an, der innersten Machtzentrale Chinas. Von 2002 bis 2007 war er Chef der chinesischen Geheimdienste und Polizeiminister – und damit Herr über die größte Armee von Spitzeln, Agenten, Spionen und Polizisten der Welt. Demokratischen Einschränkungen seiner Macht hatte er nicht zu fürchten. Die Verbindungen des heute 72-Jährigen in die Rohstoffbranche haben seiner Familie ein Milliardenvermögen eingebracht, das nun konfisziert wurde.
Es war allerdings weniger sein korruptes Gebaren als seine politische Zugehörigkeit, die ihm nun zum Verhängnis wurde. Zhou war ein Rivale des heutigen Staats- und Parteichefs Xi Jinping. Die Korruptionsermittler haben nach Xis Amtsantritt bei dessen Gegner besonders besonders genau hingesehen, was diese zu verbergen haben.
In Peking kursieren Gerüchte, dass Zhou während der Führungswechsels im letzten Moment noch versucht hat, Xi zu vergiften oder einen parteiinternen Putsch loszutreten. Nur damit hätte er seine Haut vermutlich noch retten können. Vor zwei Jahren bereits haben die konkreten Ermittlungen begonnen.
Zhou ist nun das erste Ex-Mitglied des Politbüros, das sich zu seinen Verbrechen bekennen musste. Vermutlich hatte er erwartet, dass der Schutz des innersten Kreises Macht auch für ihn gilt. Xi Jinping hat jedoch keine solchen Hemmungen – sowohl, wenn es um seine Gegner, als auch, wenn es um bestechliche Kader geht.
Zhou steiler Aufstieg hatte begonnen, als er Provinzchef der rohstoffreichen Provinz Sichuan wurde. Später hat er den staatlichen Ölkonzern Petrochina geleitet. Dabei handelt es sich nach Börsenwert um das viertgrößte Unternehmen der Welt. Zhou hatte es verstanden, seine Verwandten und Vertrauten in der gesamten Ölbranche auf Schlüsselpositionen zu hieven.
Sein Clan hat die guten Verbindungen genutzt, um sich einige der ergiebigsten Pfründen des Landes zu sichern. Sein Sohn Zhou Bin beispielsweise leitete eine Finanzfirma, die in die Ölbranche investiert hat – und offenbar immer gut über die Entwicklung der politischen Rahmenbedingungen informiert war.
Die Behörden haben seitdem Hunderte von Mitgliedern seiner Seilschaft verhaftet. Sie alle mussten sich den Verhören durch die Zentrale Disziplinarkommission stellen, den internen Ermittlern der Partei. Erst wenn die Partei entschieden hat, wie weiter zu verfahren ist, gehen die Fälle an die regulären Gerichte. Das Urteil steht dann schon meistens fest.
Zhou wird nun die kommenden Jahre – und, wenn das Urteil beim Wort zu nehmen ist, den Rest seines Lebens – im berühmten Qincheng-Gefängnis verbringen. Die Verhältnisse sind hier vergleichsweise angenehm, denn die Partei lässt ehemalige Genossen nicht völlig abstürzen. Die Zellen sind so groß wie die Wohnung eines chinesischen Durchschnittsverdieners. Sie habe ein eigenes Bad mit zahlreichen Annehmlichkeiten, wie ehemalige Gefangene berichten. In einem normalen chinesischen Knast teilen sich 12 Mann eine Zelle und einen Eimer.
Der neue Häftling Zhou hat hier die Gesellschaft von anderen Polit-Größen, die sich mit Xi Jinping angelegt haben und diesem durch Bestechlichkeit einen Grund für ihre Verhaftung geliefert haben. Hier sitzt beispielsweise auch Bo Xilai ein, einst ein Star in der Partei mit Ambitionen auf die Präsidentschaft. Die beiden gefallenen Führungspersönlichkeiten können nun gemeinsam darüber nachsinnen, warum sie Xis Aufstieg nicht rechtzeitig unterbunden haben.
[…] Präsident Xi Jinping räumt derzeit seine letzten innerparteilichen Gegner aus dem Weg. Mit der Verurteilung des ehemaligen Geheimdienstchefs Zhou Yongkang in der vergangenen Woche hat Xi den Rücken frei für die nächste Stufe der Sicherung seiner […]