15. Jul

Das schwierigere China

Hafen Shanghai: Import schwächelt, Autos verkaufen sich nicht mehr so gut

Hafen Shanghai: Import schwächelt, Autos verkaufen sich nicht mehr so gut

Wirtschaftsminister Gabriel findet ein Land jenseits des Booms vor

Peking. Ein Wunder-Markt mit Wachstum über zehn Prozent, irrsinnig zahlungswilligen Kunden, niedrigen Umweltanforderungen und Vorfahrt für Investoren – so zeigte sich China noch vor wenigen Jahren der deutschen Industrie. Wirtschaftsminister Gabriel und seine 65-köpfige Delegation von Unternehmern sind am Dienstag jedoch in ein Land gekommen, in dem plötzlich deutlich schwierigere Bedingungen herrschen. Einerseits ist China normaler geworden: Preisdruck, Kostensteigerungen und Konjunkturprobleme haben das Schwellenland eingeholt. Zugleich macht die Regierung zunehmend Ärger – sie legalisiert  universelle Daten-Schnüffelei, ohne wirklich den versprochenen Rechtsstaat zu liefern.

 

Eine Flut schlechter Konjunkturzahlen kurz vor Anreise des Ministers verdeutlicht das Problem: Der Autoabsatz stagniert fast, die Börse wackelt, der Import schrumpft. „Die einstmals riesigen Wachstumszahlen sinken“, beobachtet auch Gabriel. Die Expansionsmöglichkeiten der ausländischen Investoren würden sich künftig in einem deutlich schmaleren Rahmen bewegen. Anders als früher kann sich China nicht mehr darauf verlassen, dass das hohe Wachstum andere Probleme einfach schluckt.

 

Zugleich sind Bürokratie und Behördenwillkür weiterhin weit verbreitet. Gerade das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, der Mittelstand, hat hier schwer zu kämpfen. „Die großen Sorgen der Mittelständler überraschen unsere chinesischen Gesprächspartner“, sagt Gabriel. Chinas Ministerien stellen sich unter deutschen Firmen eine Siemens oder VW vor, die mit ihren Heerscharen von Juristen auch mit dem härtesten Gesetzeswerk fertig wird. Ein Mittelständler würde sich jedoch lieber aufs Geschäft konzentrieren und leidet unter jedem neuen Regelwerk.

 

Die Regierung schafft jedoch derzeit sogar ganz neue Freiräume für Willkür. Bestes Beispiel ist ein neues Paket von Sicherheitsgesetzen, das auch die Ausspähung ausländischer Firmen ermöglicht, wenn das irgendwie im chinesischen Interesse liegt. Deutsche Firmen machten sich daher weiter große Sorgen um den Schutz ihrer technischen Geheimnisse, wie auch der Minister aus der Delegation erfahren hat.

 

Der chinesische Staat hat unter Präsident Xi Jinping eben andere Prioritäten als beispielsweise unter dem großen Reformer Deng Xiaoping oder unter Ex-Präsident Jiang Zemin und seinem wirtschaftsfreundlichen Premier Zhu Rongji. Xi wendet sich von ihrem einer Grundsatz „Öffnung des Landes“ ab und zeigt sich zunehmend arrogant und nationalistisch. Die Regierung maßt sich im Sinne allumfassender Stabilität die Kontrolle über immer mehr Lebensbereiche an. Dazu gehört auch die Überwachung der Aktivitäten ausländischer Organisationen und Firmen.

 

Zugleich versucht sie, die schwächelnde Wirtschaft durch kapitalistische Deregulierungen zu beleben. Sie hat beispielsweise den Optionshandel freigegeben, was zu der Blase am Aktienmarkt beigetragen hat. Als nächsten Schritt will sie das Bankensystem entfesseln. Die ohnehin schon abstruse Kombination aus kommunistischer Regierung und Turbo-Kapitalismus wird dadurch immer extremer. Zusammen mit der generellen Marktschwäche und der Behördenwillkür wirkt der Markt gerade für Neueinsteiger deutlich weniger attraktiv.

Hinterlasse eine Antwort