21. Okt
Dienstleistungen retten Chinas Konjunktur
Im dritten Quartal sackt das Wachstum weiter ab – jetzt hilft die Regierung mit Konjunkturprojekten
Peking. Die chinesische Wirtschaft schwächelt weiter – wenn auch auf hohem Niveau. Das Wachstum lag im dritten Quartal bei 6,9 Prozent und damit auf dem niedrigsten Wert seit der Weltfinanzkrise. „Höhere Ausgaben für Konjunkturförderung von Seiten der Regierung sind nun wahrscheinlich“, sagt Ökonom Zhong Dajun von dem privaten Wirtschaftsforschungsinstitut DJ Thinktank and Consulting in Peking. Premier Li Keqiang habe bereits angefangen, neue Infrastrukturprojekte zu genehmigen. Im vierten Quartal sei daher wieder mit stärkerem Wachstum zu rechnen.
Chinas Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren von zweistelligen Wachstumsraten verabschiedet. Vor allem die Baukonjunktur hat abgenommen – auf einen Boom im Immobiliensektor folgt derzeit eine deutliche Abkühlung. „Wir sehen das an den Werten zur Zementproduktion, die merklich zurückgeht“, sagt Sheng Laiyun, Chefökonom des Statistikamtes, am Montag in Peking bei Vorstellung der Konjunkturdaten.
Im gleichen Zeitraum haben jedoch mehr und mehr Chinesen angefangen, ihr Geld mit Dienstleistungen zu verdienen. „Wir sehen hier einen grundsätzlichen Wandel von einem industriebasierten Modell zu einer servicebasierten Modell“, sagt Sheng. Deshalb sei der Arbeitsmarkt trotz des Jobabbaus in Schwerindustrie und Bau stabil geblieben. Die Zahl der Neugründungen von Firmen ist binnen Jahresfrist deutlich hochgegangen.
Für das Gesamtjahr hat Premier Li ein Wachstumsziel von sieben Prozent vorgegeben – und wird es offenbar auch genau einhalten können. Im ersten Halbjahr lag das Wachstum punktgenau bei diesem Wert. Jetzt folgte eine leichte Auslenkung nach unten, die voraussichtlich durch einen stärkeren Jahresabschluss ausgeglichen wird.
Die planmäßige Entwicklung sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die chinesische Wirtschaft derzeit schwer zu steuern ist. „Der hohe Schuldenstand der Staatsbetriebe zieht die Konjunktur herunter“, sagt Ökonom Zhong. Ein steiler Rückgang des Imports hat zuletzt deutlich gezeigt, wie schlecht es der Industrie geht. Es reiche daher nicht, sich allein auf den Boom an Dienstleistungen zu verlassen. „Es ist in dieser Lage sinnvoll, wenn der Staat mehr Geld ausgibt.“
In den vergangenen Tagen hat Peking bereits knappe zehn Milliarden Euro für Infrastrukturprojekte freigegeben. In den abgelegenen Westprovinzen des Landes entstehen neue Autobahnen. Es wird zudem zwei neue Autobahnbrücken über den Jangtse-Fluss geben. Das Netz von schnellen Bahnstrecken soll um weitere 2000 Kilometer wachsen. Kanäle für die Schifffahrt werden erweitert und vertieft. Mit den staatlichen Großprojekten will Premier Li vor allem den Wegfall von Bauaufträgen aus dem Privatsektor ausgleichen.
Mit dem Ausbau von Straßen und Schienen überbrückt China eine Schwächephase, die auch dem Umbau des Wachstumsmodells geschuldet ist. „Der Strukturwandel drückt auf das BIP-Zahlen“, sagt Chefstatistiker Sheng. China strebe eine hochwertigere Produktionsweise an, doch der Weg dahin sei nicht leicht. „Im Gesamtbild ist jedoch eine weiterhin stabile Entwicklung zu erwarten.“