5. Nov
Gespräche ohne Kompromisse
Es klingt wie in Durchbruch in einer gestörten Beziehung: Die Präsidenten Chinas und Taiwans wollen am Wochenende erstmals in der Geschichte miteinander sprechen. Tatsächlich handelt es sich bei dem Treffen um einen historischen Schritt. Doch ebenso wie eine weitere Annäherung ist eine Wende zum Schlechteren denkbar.
In Taiwan vergrößert die Gesprächsbereitschaft des chinesischen Staatschefs Xi Jinping die Verwirrung um das Verhältnis beider Länder noch. Der Staat auf der Insel ist wirtschaftlich von China abhängig – und zugleich in seiner Existenz bedroht. Viele Taiwaner vermuten hinter dem Dialogangebot daher finstere Pläne Pekings.
Gut möglich, dass die Bilder vom Handschlag der Präsidenten unter diesen Umständen die Opposition stärken. Ein Sieg der Demokratisch Progressiven Partei würde jedoch einen Politikwechsel in Richtung formaler Unabhängigkeit bringen.
Das könnte Xi wiederum zu einer Kehrtwende bewegen. Er ist ein Machtpolitiker, der keine Einschränkung seiner Macht duldet. Einen Krieg mit den USA um Taiwan will er nicht riskieren, doch er könnte der Insel erheblich schaden.
Fest steht, dass zwischen China und Taiwan so etwas wie die Entspannungspolitik Ost- und Westdeutschlands sehr unwahrscheinlich wirkt. In der Frage der gegenseitigen Anerkennung als Staaten bleiben die Kontrahenten hart: Für Taiwan geht es um die politische Selbstbestimmung, für China um das Prinzip der territorialen Einheit. Beide können sich hier keine Nachgiebigkeit leisten.