21. Sep

Japans Militärgesetz weckt Angst bei den Nachbarn

Schiffe der japanischen Marine am Kai in Hiroshima.

Schiffe der japanischen Marine am Kai in Hiroshima.

Tokio kann künftig weltweit Truppen einsetzen – China sieht darin die Vorstufe zu Aggressionen

Peking/Tokio. Ein neues Gesetz zur Regelung von  Auslandseinsätzen der japanischen Armee löst in Ostasien leidenschaftliche Reaktionen aus. Kritiker sehen in der Freigabe von Kampfeinsätzen die Vorstufe zu einem neuen Militarismus, der die Spannungen in der Region erhöht. Die japanische Regierung hält die Neuregelung dagegen für unverzichtbar, um weltweit mehr Verantwortung zu übernehmen. In Kreisen um Premier Shinzo Abe gilt das Sicherheitsgesetz zudem als Schritt, um langfristig die eigene Position gegenüber den Nachbarländern Nordkorea, Russland und China zu stärken.

 

Die heftigste Kritik kam am Wochenende denn auch aus Peking. „Japan belebt die alte Kriegsmaschine wieder“, wetterte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. „Es löscht 70 Jahre des Pazifismus aus.“ Das Land habe nichts aus der Geschichte gelernt.

 

Hier greift die staatliche Propaganda jedoch zu hoch. Das neue Sicherheitsgesetz erlaubt es der japanischen Regierung lediglich, die Armee Einsätze zu schicken, um unmittelbare Bedrohungen für Japan oder seine Partner abzuwenden – etwa im Fall eines nordkoreanischen Erstschlags. Friedenseinsätze wiederum müssen unter dem Dach der Uno oder einer breiten Koalition von Staaten stattfinden. Waffengewalt erlaubt es nur zum Schutz von Zivilisten oder Bündnistruppen.

 

Das klingt heute selbstverständlich, ist für Japan jedoch ein großer Schritt: Die Verfassung legt das Land grundsätzlich auf eine pazifistische Haltung fest. Im Inland ist das Gesetz daher hoch umstritten – eine Mehrheit der Bevölkerung befürwortet eine möglichst friedfertige Haltung der eigenen Politik. Opposition, Gewerkschaften und Friedensgruppen haben große Demos in Tokio organisiert, um die Verabschiedung zu verhindern.

 

Die Debatte ähnelt dem Streit um Auslandseinsätze der Bundeswehr, bloß findet sie 25 Jahre später statt. Die Sieger des 2. Weltkriegs hatten Japan wie Deutschland eine passive Rolle zugewiesen, die über die Jahrzehnte zum Teil der nationalen Identität wurde. Wie seinerzeit Deutschland steht Japan jedoch zunehmend unter Druck seiner Bündnispartner, vor allem der USA, statt Finanzhilfe auch Truppen zu internationalen Einsätzen beizutragen. Seit 1992 sind immerhin Sanitäts- und Transporteinsätze möglich. Künftig können die Japaner an den Krisenherden der Welt auch schießen.

 

Die Sorge der innerjapanischen Opposition gilt jedoch weniger den Friedenseinsätzen, sondern den Hintergedanken, die Japans nationalistischer Premier Abe hegt. Artikel neun der japanischen Verfassung legt weiterhin fest, dass Japan keine Armee unterhalten darf. Seit 1954 leistet sich das Land jedoch gut ausgestattete „Selbstverteidigungskräfte“. Mit dem neuen Gesetzt wirkt der Verfassungsartikel noch scheinheiliger. Abe macht kein Geheimnis daraus, dass er ihn gerne abschaffen würde. Wenn japanische Truppen erst einmal im Nahen Osten oder Afrika in heftige Gefechte verwickelt sind, könnte er argumentieren, der Artikel sei veraltet.

 

Während das neue Gesetz daher in Südkorea ebenfalls Sorge auslöst, unterstützen andere Staaten die japanische Entscheidung, allen voran die USA. Auch die Philippinen stellten sich am Sonntag hinter Abe. Sie befinden sich im Dauerstreit mit China um Seegebiete.

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