26. Jun
Schwarzer Freitag in Shanghai markiert Ende des Bullenmarkts
Aus der Spekulationsblase entweicht die Luft
Peking. Der Aktienmarkt in Shanghai ist am Freitag erneut steil abgestürzt. Experten sehen darin den Anfang vom Ende einer Rally, die vor drei Jahren angefangen hat und in den vergangenen Monaten viele Anzeichen einer Investmentblase gezeigt hat. „Der Markt wiederholt das Drama von vor 16 Jahren“, als in Shanghai eine damals viel beachtete Hausse geendet hat, sagt Yin Lizhong, Finanzexperte an der Chinese Academy of Social Sciences. „Der größte Schwachpunkt an den hohen Bewertungen ist der Schuldenstand der Firmen und Anleger.“
Der maßgebliche Index Shanghai Composite hat am Freitag 7,4 Prozent auf 4193 Punkte verloren. Der Absturz hätte noch viel schlimmer aussehen können, wenn nicht automatische Limits in Kraft getreten wären: Jeder Wert kann in Shanghai pro Tag maximal zehn Prozent verlieren. An der dortigen Börse haben am Freitag über 2000 Aktien diese Grenze erreicht. Von „Panik unter den Investoren“ sprechen Analysten von China Southern Asset Management.
Sobald der Markt ins Rutschen gerät, ist eine Kettenreaktion sinkender Kurse zu erwarten. Denn viele Anleger haben mit geliehenem Geld spekuliert. Zeitweilig haben die Banken die Eröffnung von 170.000 Depots pro Tag verzeichnet, viele davon mit einer Kreditlinie gekoppelt. Ein Darlehen aufzunehmen, um an der Börse dabei zu sein, erschien vielen Privatanlegern als sichere Sache: schließlich gingen die Kurse zuletzt nur nach oben, und auch das neue Auto des Nachbarn war mit Anlagegewinnen gekauft. Wenn der Trend sich umdreht, sind diese Depotkunden jedoch gezwungen, schnell zu verkaufen. In China fehlen dagegen institutionelle Anleger wie Versicherungen, die einen längeren Atem haben.
Es ist schon eine Weile klar, dass mit den Bewertungen fundamental etwas nicht stimmt. Denn die chinesische Wirtschaft zeigt nach einem langen Boom derzeit Anzeichen von Schwäche: viele Indikatoren, wie Investitionen, Export, Immobilienmarkt oder Anlageinvestitionen tendieren deutlich nach unten, und auch das Wachstum erreicht mit sieben Prozent nur noch die Hälfte des Wertes von 2007. Dennoch haben die Aktien abgehoben. „Vor dem Hintergrund von zunehmenden Schuldenproblemen in der Realwirtschaft war es logisch für die Regierung, den Aktienmarkt zu aktivieren“, sagt Yin. Doch die Entwicklung sei nun über den Ziel hinausgeschossen.
Die Regierung hat zuletzt stattdessen versucht, die Entstehung einer allzu großen Blase zu vermeiden. Neue Regeln sollten Spekulationen auf Pump eindämmen. „Der Kursrückgang ist nun Teil einer Anpassung durch Marktmechanismen als Reaktion auf den steilen Anstieg in der ersten Jahreshälfte“, sagte Zhang Xiaojun von der Wertpapieraufsicht, auf einer Pressekonferenz am Freitag.