16. Feb
Wirtschaft in Fernost bremst weiter ab
In China und Japan verpuffen die Konjunkturprogramme – auch Autoindustrie hat zu kämpfen
Peking. Neue Hiobsbotschaften aus Asien: Sowohl in China als auch in Japan geht das Wachstum weiter zurück. Aktuellen Zahlen aus Tokio zufolge ist die japanische Volkswirtschaft gegen Ende des vergangenen Jahres kräftig geschrumpft. Unterm Strich kam für 2015 nur ein winziges Plus von 0,4 Prozent heraus. Vor allem der private Konsum hat enttäuscht, denn die erhofften Lohnzuwächse sind weitgehend ausgeblieben. Das Wachstum war in Japan hauptsächlich vom Außenhandel getragen.
Der Handel wiederum bricht in China derzeit heftig ein. Die Einfuhr ist im Januar um fast ein Fünftel gesunken, was auf eine weitere Verlangsamung der Binnenwirtschaft hindeutet. „Einen enttäuschenden Start ins Jahr 2016“, vermerken Experten der Großbank HSBC in Hinblick auf die Statistiken vom Montag. Die zweit- und drittgrößte Volkswirtschaft der Welt kämpfen derzeit gleichermaßen mit Schwierigkeiten – ein schlechtes Omen für die ohnehin kipplige Weltkonjunktur im laufenden Jahr.
Bei allen Unterschieden teilen Wirtschaftspolitiker in China und Japan ein Problem: Die Unternehmen reagieren kaum noch auf Versuche, sie mit billigem zu Investitionen und Expansion anzuregen. Die Regierung in Tokio befindet sich hier in einer wesentlichen ernsteren Lage als die in Peking. Der Zins liegt in Japan schon so niedrig, dass die Zentralbank ihn zum Teil ins negative Territorium senken musste, um noch auf einen Effekt hoffen zu können. Der japanische Staat ist zudem nach zahllosen Konjunkturpaketen hoch verschuldet. Premier Shinzo Abe schiebt dennoch unverdrossen derzeit ein neues Programm im Wert von 3,3 Billionen Yen (26 Milliarden Euro) an, um der Wirtschaft aufzuhelfen.
China, das für Deutschland wegen einer tiefgehenden gegenseitigen Verflechtung der Wirtschaft noch deutlich wichtiger ist als Japan, leidet dagegen unter stetig sinkender Dynamik. Die „Werkbank der Welt“ hat jahrelang zu viel in neue Produktionskapazitäten investiert. Die Firmen wissen nicht, wohin mit all den Waren, die sie herstellen könnten. China verträgt vor allem die fortgesetzte Krise in Europa sehr schlecht, wie die aktuellen Zahlen zeigen. „In den enttäuschenden Exportzahlen spiegelt sich die fortgesetzte Nachfrageschwäche wider“, notiert Jing Li von der HSBC. Vor allem die Ausfuhr in die EU und ins übrige Asien seien eingebrochen. Das Minus war mit 12 Prozent jedoch weit weniger dramatisch ausgefallen als der Absturz des Imports, so dass der Außenhandelsüberschuss paradoxerweise im Januar gestiegen ist.
Die HSBC-Experten erwarten, dass Peking in den kommenden Monaten mit Zinssenkungen und neuen Projekten nachlegt, wenn die Außennachfrage so schwach bleibt. Dann sei auch ein großes Konjunkturprogramm angebracht, um das Wachstum auf der Ziellinie von 6,5 Prozent zu halten. Weitere Förderung ist durchaus möglich: Der chinesische Staat ist nur wenig verschuldet und verfügt in jeder Hinsicht über gewaltige Reserven. Die Aufholjagd des Landes gegenüber den entwickelten Volkswirtschaften ist nicht abgeschlossen – deswegen kann die kommunistische Führung weiterhin mit Bauprojekten und Stadtentwicklung Arbeitsplätze schaffen. Dennoch läuft er derzeit nicht rund, wie die Zahlen zeigen. Das Wachstum hat sich seit 2007 halbiert, während die Firmen hohe Schulden aufgebaut haben.
Auch deutsche Unternehmen bekommen die Veränderung zunehmend zu spüren: Marge und Absatz sinken in vielen Branchen. Im vergangenen Jahr ging der Verkauf deutsche Autohersteller sogar ein wenig zurück – nach Jahren des Booms eine ungewohnte Entwicklung. Sie findet jedoch auf hohem Niveau statt. China ist längst der größte Automarkt der Welt mit einem Absatz von über 20 Millionen Stück, an dem die deutschen Anbieter einen Anteil von mehr als einem Fünftel haben. Für Daimler lief es sogar ausgesprochen gut: Der Absatz stieg um 41 Prozent, China ist zum größten Absatzmarkt des Konzerns aufgestiegen. Das zeigt, dass sich in Fernost weiterhin erhebliche Erfolge erzielen lassen.