22. Jul
Ai Weiwei darf wieder reisen
Ein Polizist drückt dem Künstler einen neuen Pass in die Hand: „Das ist Deiner!“
Peking. Der chinesische Star-Künstler Ai Weiwei kann sein Land wieder verlassen. „Ich habe heute einen Pass bekommen!“, schrieb er auf Sozialmedien. Die Behörden hatten seine Reisedokumente im Jahr 2011 eingezogen – offenbar, um seinen internationalen Einfluss zu dämpfen. Ein Vertreter der Polizei habe ihm den Pass mit den Worten ausgehändigt: „Das ist Deiner!“
Ai ist der mit Abstand der Bekannteste chinesischen Künstler – zumindest außerhalb seines Heimatlands. Der Charakterkopf spaltet die Geister: In China wird seine Arbeit zum Teil totgeschwiegen, zum Teil stellen ihn die Staatsmedien wahlweise als Querulanten und Egomanen dar, oder als verantwortungslose Spielernatur. Der Weltöffentlichkeit ist er jedoch als Schöpfer origineller und inspirierender Installationen, Konzeptkunstwerke und Happenings bekannt. In Deutschland ist er seit mehreren Projekte für die Documenta in Kassel eine feste Größe: Mal ließ er 1001 Chinesen anreisen, mal bedeckte er eine ganze Fassade mit Kinderrucksäcken – doch immer beeindruckte er durch Monumentalität und Vielschichtigkeit seiner Beiträge.
Vor allem schreckt Ai nicht vor offenen politischen Botschaften in seinen Werken zurück. Auch hier ist die Wahrnehmung des In- und des Auslands sehr unterschiedlich. Während er international als mutig und engagiert gilt, stellen ihn Vertreter der Kommunistischen Partei in China als Übeltäter dar: Er verlasse den Rahmen, in dem sich ein Künstler in der Gesellschaft bewegen dürfe und riskiere damit die politische Stabilität seines Landes.
Doch trotz Reiseverbot: Ai genießt im autoritär geführten China eine gewisse Freiheit. Er ist Sohn des kommunistischen Dichters Ai Qing, was ihn vor den schlimmsten Übergriffen des Staates geschützt haben dürfte. Ai hat an der Pekinger Filmhochschule studiert, dann aber praktisch die ganzen 80er-Jahre in in den New York verbracht, wo er ziemlich unterschiedlichen Interessen nachgegangen ist. Er hat dort Kunst studiert (ohne Abschluss), viel Literatur gelesen, sich in Dichterkreisen bewegt, sein Geld als Straßenmaler verdient. Ai war unter anderem von den Werken Andy Warhols fasziniert, was sich zum Teil noch heute zeigt. Was die „Spielernatur“ angeht: Tatsächlich hatte er erhebliche Erfolge als Blackjack-Zocker.
Aus den USA hat er einen freiheitlichen Geist mit nach China zurückgebracht, mit dem er seitdem ständig aneckt – aber er eckt auch absichtlich an, und hat auch Spaß daran. Ai hat seit seinem Durchbruch als Künstler eine enorme Produktivität entfaltet. So geht das bekannte Pekinger Kunstviertel 798 auf seine Initiative zurück. Ganz besonders in Erinnerung bleibt eine krasse Aktion: Der Künstler tauchte uralte chinesischen Vasen aus der Zeit um Christi Geburt in knallbunte Farbe, eine weitere Vase hat er für eine Fotoserie zerschmettert.
Ai wehrt sich dabei gegen simple Deutungen seiner Aufführungen und Kunstwerke. Er hält die Aussagen damit auf einer intuitiven Ebene – jeder mag sie andere verstehen, aber es läuft immer auf Eines hinaus: Er irritiert und regt zum Selberdenken an. Gerade das treibt die Zensoren im kommunistischen China geradezu in den Wahnsinn. Die Spannungen zwischen dem Staat und dem Künstler fanden ihren vorläufigen Höhepunkt 2011 in der in der Verhaftung und dem Entzug des Passes.
Seit kurzem sind jedoch andere Sicherheitsbeamte in Peking für den „Fall Ai“ zuständig – und die sind offenbar wesentlich kunstsinniger und toleranter. Ai stellt auch seit wenigen Wochen an mehreren Stellen in Peking wieder aus. Künftig kann er auch wieder nach Deutschland reisen, wo unter anderem eine Professur an der Universität der Künste in Berlin auf ihn wartet.
Body Posture – Alterations in their body structure are certainly revealed by some players based on the strength of
their hand or their perspective.