8. Jan

China mag schlingern, bleibt aber stabil

Das Bild Mao Zedongs von der 100-Yuan-Note blickt auf fallende Kurse am Aktienmarkt. Foto: William Potter/Shutterstock
Die Kette schlechter Meldungen aus Fernost irritiert – das Land hat jedoch noch reichlich Potenzial

Peking. Börsenabsturz, Kapitalflucht, Währungsabwertung, schwaches Wachstum – die Nachrichten aus China klingen unheilvoll. Tatsächlich steht die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt vor grundsätzlichen Problemen – und das betrifft auch Deutschland. China hat jedoch weiterhin gigantische Reserven, um die Lage zu stabilisieren: geringe Staatsverschuldung, hohe Devisenvorräte und die Möglichkeit zu lohnenden Konjunkturprogrammen in unterentwickelten Regionen. Es gibt daher keinen Grund zur Panik. Deutsche Unternehmen im Asiengeschäft sollten sich vor einem vorschnellen Rückzug hüten.

Der bedenklichste Faktor ist derzeit gar nicht der Aktienmarkt, sondern der Abfluss von Kapital. Etwa 100 Milliarden Euro verlassen pro Monat das Reich der Mitte. Die Zahl zeigt, dass mehrere Gruppen von Anlegern ihr Vertrauen in das Land verloren haben. Die Industrie hält sich mit neuen Investitionen zurück. Chinesische Privatleute kaufen Immobilien nun bevorzugt im Ausland. Auch Finanzanleger ziehen derzeit Kapital ab, auch wenn sie dabei auch von Kontrollen beschränkt sind.

Der unabhängige Ökonom Andy Xie, der früher einmal für die Investmentbank Morgan Stanley gearbeitet hat, vergleicht die Lage bereits mit der Asienkrise im Jahr 1997. Damals hatten Länder wie Thailand zu viel investiert. Sie standen vor aufgeblähten Märkten und Überkapazitäten – genau wie jetzt China. Damals folgten der Bankrott von Zentralbanken und eine großflächige Rezession.

Xie weist jedoch auch darauf hin, dass so ein Szenario in China derzeit unmöglich ist. Die Tigerländer waren damals im Ausland hoch verschuldet und hatten kaum Reserven. China ist dagegen der größte Kreditgeber auf dem Planeten, der Staat ist fast unbegrenzt handlungsfähig und auch die Firmen haben sich hauptsächlich Geld im Inland geliehen, wenn auch viel zu viel. Die derzeitigen Devisenreserven in Höhe von 3500 Milliarden Dollar erlauben noch jahrelang Kapitalabflüsse mit der derzeitigen Geschwindigkeit.

So weit wird es allerdings gar nicht kommen. Die schrittweise Abwertung der Währung, die derzeit im Gange ist, erhöht im Gegenteil die Neigung, neue Reserven aufzubauen. Sie kurbelt den Export an und führt dazu, dass im Außenhandel mehr übrigbleibt. Internationale Investitionen der Chinesen wirken da als willkommenes Gegengewicht für den Überschuss. Sobald wieder gute Nachrichten dominieren, wird das Kapital auch wieder seine Flussrichtung ändern.

Der Rückgang der Aktienkurse wirkt ebenfalls wie eine gesunde Korrektur. Seit Herbst 2014 hatte sich absurd schnell eine Blase aufgebaut, aus der nun die Luft entweicht. Die Folgen werden dabei bei weitem nicht so katastrophal ausfallen wie der Zusammenbruch der Subprime-Blase 2008 oder die Dotcom-Blase Anfang des Jahrhunderts. Denn der Aktienmarkt ist in China längst nicht so tief mit der Wirtschaft verzahnt wie in westlichen Ländern, sondern spielt sich eher in einer Parallelwelt ab.

Insgesamt leidet China jedoch ganz klar unter Strukturproblemen. Das alte Wachstumsmodell mit immer höheren Investitionen in neue Fabriken und Immobilien hat ausgedient. Ein neues Modell, das auf mehr Kreativität und Binnennachfrage basieren soll, ist noch nicht weit genug entwickelt, um zu übernehmen. Das Wachstumsziel von rund 6,5 Prozent für die kommenden Jahre steht damit in Frage. Doch der Markt bleibt riesig und sehr aussichtsreich. Wer jetzt im Chinageschäft durchhält, schafft sich langfristig eine hervorragende Position.

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