9. Jun

Chinas Bahnexporteur drängt auf den Weltmarkt

Hochgeschwindigkeitszug in Changsha

Hochgeschwindigkeitszug in Changsha

Peking schafft per Mega-Fusion einen globalen Marktführer für Loks und Wagons – Premier Li persönlich garantiert günstige Finanzierung

Peking. Der Börsenstart verlief glanzvoll, Chinas neu geschaffener Bahnausrüster hat offensichtlich das Vertrauen der Investoren. Der Aktienkurs von CRRC stieg in Hongkong am Montag zeitweilig um 13 Prozent. Auch am Markt in Shanghai gewann das Papier stark an Wert. Die globale Expansion lege die Grundlage für steigende Gewinne, erklärten Analysten von Barclays Capital das Interesse der Anleger.

 

CRRC ist durch eine politische Entscheidung entstanden. Die Wirtschaftsplaner in Peking haben das Unternehmen zu einem festgelegten Zweck geschaffen: damit es den Weltmarkt für Züge aufrollt. Dafür haben sie zwei bestehende Firmen zusammenlegen lassen.

 

Die Abkürzung CRRC steht für „China Railway Rolling Stock Corp“. Das Unternehmen erreicht rund 20 Milliarden Euro Umsatz. Damit ist es ungefähr so groß wie die Bahnsparten der nächstgrößeren Wettbewerber zusammen. Auf Platz zwei befindet sich Bombardier Transportation aus Kanada. Weitere führende Spieler sind die französische Alstom, die deutsche Siemens, der US-Konzern GE und die japanische Kawasaki Heavy.

 

Die Lage auf dem Weltmarkt für Bahnausrüstung hat sich mit der Schaffung von CRRC schlagartig gewandelt. Die deutschen, kanadischen und französischen Anbieter seien einmal die Platzhirsche gewesen, sagte kürzlich der kanadische Wirtschaftsminister Jacques Daoust. Jetzt komme plötzlich einer daher, der noch viel größer und stärker sei: „Das macht uns Sorge.“ CRRC habe genug Finanzkraft, um die Eisenbahnsparte von Bombardier ohne Probleme zu schlucken.

 

Rund um den Globus wirbt Premier Li Keqiang derweil für den Bau neuer Strecken durch chinesische Firmen – und die Lieferung der passenden Züge. Ein wichtiges Verkaufsargument: Die Förderbanken des Landes bieten preiswerte Kredite zur Finanzierung gleich mit an. Bisher galten die Aufträge vor allem dem Bau konventioneller Verbindungen. Künftig will China jedoch auch Hochgeschwindigkeitsstrecken anbieten und macht damit ICE, TGV und Shinkansen Konkurrenz. Derzeit zeigen 28 Länder Interesse.

 

Thailand steht dem Vernehmen nach bereits kurz vor einem Abschluss. Ein Vertrag in Mexiko ist kürzlich erst im letzten Moment an Korruptionsermittlungen gescheitert. Großbritannien hofft, mit chinesischer Technik seine marode Infrastruktur aufzuwerten. Kalifornien will seine Bevölkerungszentren verbinden und ist ebenfalls mit China im Gespräch. Auch Serbien, Rumänien und Ungarn haben bereits Erklärungen in dieser Richtung abgegeben. Peru und Brasilien lassen gerade die Möglichkeit einer Strecke quer durch Südamerika prüfen.

 

Mit dem Auftauchen der Chinesen auf dem europäischen Markt hat sich das Verhältnis zum einstigen Lehrmeister Deutschland zudem endgültig umgekehrt. In den späten 90er-Jahren hoffte Siemens noch, in China Tausende von Streckenkilometern zu verlegen und ist dafür bei ersten Aufträgen in Vorleistung gegangen.

 

Stattdessen will die Deutsche Bahn AG nun im Herbst umgekehrt ein Einkaufsbüro in Peking eröffnen, wie Vorstandsmitglied Heike Hanagarth in einem Interview angekündigt hat. Die Zeiten, in denen China und Qualität Gegensätze waren, seien vorbei. In drei bis fünf Jahren könnte Deutschland damit von CRRC zumindest Ersatzteile, wenn nicht ganze Züge kaufen.

 

China ist mit der Schaffung von CRRC gelungen, woran die EU erst kürzlich gescheitert ist. Eigentlich sollten Siemens und Alstom ihre Eisenbahnaktivitäten bündeln, doch das Projekt ist nach typisch europäischem Streit gestorben.

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