21. Jan

Chinas Wirtschaftspolitik mogelt sich durch

Das Wachstum hat 2014 den niedrigsten Stand seit einem Vierteljahrhundert erreicht

PEKING. „Die chinesische Wirtschaft hat sich in einem national und international schwierigen Umfeld grundsätzlich gut behauptet“, sagte Ökonom Ma Jiantang vom Nationalen Statistikamt am Dienstagmorgen in Peking. Analysten erwarten für 2015 nun ein Wachstum von nur wenig über sieben Prozent.

Der Konjunkturwert liegt knapp unter dem Zielwert von siebeneinhalb Prozent, den Premier Li Keqiang im März für das Gesamtjahr vorgegeben hat. Die Zahl befindet sich jedoch noch gut innerhalb der Leitplanken, die die Kommunistische Partei in ihren Langfristplänen vorgegeben hat.

Die Halbierung des Wachstums seit 2014 zeigt vor allem, dass in China die Phase des Wirtschaftswunders einer deutlich komplizierteren Normalität gewichen ist, wie Premier Li auch unumwunden zugibt. Er sucht derzeit den Kompromiss zwischen zwei widersprüchlichen Zielen: Er will die Exzesse der Boomzeit abbauen und zugleich den Arbeitsmarkt stabil halten. Er lässt in ausgereizten Branchen wie Stahl Betriebe schließen, feuert die Konjunktur aber durch Bauprojekte an.

Ökonomen zufolge müsste das Wachstum noch viel niedriger sein, um wirklich die gigantischen Kapazitäten abzubauen, die die Industrie des Landes in den vergangenen Jahrzehnten im Glauben an immer höheres Wachstum und an immer gigantischere Exporte aufgebaut hat. Jetzt soll der Markt es richten. Mit Privatisierungen und einer Modernisierung des Finanzsystems will die Regierung einer Korrektur herbeiführen.

Bisher hält sich der Erfolg dieser Korrektur jedoch in Grenzen. „Die Lage ist weit davon entfernt, ideal zu sein“, sagt Yu Fenghui, Ökonom bei der Agricultural Bank of China (ABC). Die Reformpolitik sei grundsätzlich richtig, aber das Resultat sei bisher schlecht. Die Regierung gebe ihren Zugriff auf die Wirtschaft nicht wirklich ab, sondern privatisiere nur das, was ohnehin nicht profitabel ist.

Auch der Versuch, die Märkte durch eine komplizierte Feinsteuerung der Geldpolitik zu stabilisieren, sei im Wesentlichen fehlgeschlagen, urteilt Ökonom Yu. Die Zentralbank habe versucht, dem Immobilienmarkt Geld zu entziehen und zugleich die Realwirtschaft mit Kapital zu versorgen. Stattdessen sei das Geld aus den Immobilien an den Aktienmarkt geflossen und habe dort eine Blase ausgelöst. Der Mittelstand leide unterdessen weiter unter einer Kreditklemme. Für 2015 erwarten Ökonomen nun ein Wachstum von runden sieben Prozent – mit weiter sinkenden Werten in den kommenden Jahren.

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