16. Dez

Die dunkle Seite der Spielzeug-Macht

Hier kommen die Frozen-Figuren her: Arbeiter bei Dongguan Zhenyang Toys sprühen Farbe, ohne Atemmasken zu tragen. Foto: Ermittlerin "Li" / China Labor Watch

Hier kommen die Frozen-Figuren her: Arbeiter bei Dongguan Zhenyang Toys sprühen Farbe, ohne Atemmasken zu tragen. Foto: Ermittlerin “Li” / China Labor Watch

 

Vor Weihnachten spucken Chinas Fabriken unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen gigantische Mengen an Plastikwaren aus

Peking. Wer in dieser Vorweihnachtszeit seine frisch erworbene C-3PO-Figur, sein Lichtschwert oder seinen Millennium-Falken umdreht, findet fast immer den gleichen Aufdruck: „Made in China“. Kein Wunder, denn drei Viertel des Spielzeugs, das weltweit in den Verkauf kommt, stammt aus den Fabriken des asiatischen Landes. Der Löwenanteil der Exporte geht dabei in diesem Jahr auf das Marketing für zwei Filme zurück: die Prinzessinnengeschichte „Frozen“ und „Das Erwachen der Macht“, den neuen Teil der Weltraumoper Star Wars, der am Donnerstag in die Kinos kommt.

Die Schwemme von blinkenden und piepsenden Plastikwaren ist dabei so groß, dass sie deutliche Spuren in der Handelsstatistik hinterlässt. Für Chinas zuletzt schwächelnde Industrie wirkt sie wie ein kleines Konjunkturprogramm. Eines hat sich dennoch kaum verändert: Die Arbeitsbedingungen, unter denen viele Anbieter ihre Waren produzieren lassen. Die chinesischen Arbeiter verdienen nur etwas ein Zweitausendstel des Preises, den das Spielzeug schließlich auf Amazon kostet.

 

Der niedrige Preis gibt dabei den Ausschlag für Hersteller wie Hasbro, Mattel, Disney, Jakks Pacific, Battat und viele andere, in Fernost zu produzieren. Die Kosten bestimmen ganz entscheidend die Nachfrage, sagt Mario Moreno, Handelsexperte bei dem Forschungshaus IHS: Billig ist Trumpf. Moreno schätzt, dass „Frozen“ und „Star Wars“ den Frachtverkehr von China in Richtung USA in diesem Jahr um elf Prozent hochgetrieben haben.

 

Während die hohe Spielzeug-Nachfrage der chinesischen Volkswirtschaft grundsätzlich nützt, ärgern sich Arbeitsschützer über die miesen Bedingungen, unter denen die Waren hergestellt werden. Der gigantische Unterschied zwischen dem Enverkaufspreis und den Herstellungskosten zeigt, dass noch Luft wäre, den fleißigen Arbeitern in Fernost noch etwas mehr zu bieten. Doch offenbar fließt alles in den Gewinn.

 

Während „Elsas Musik-Zauberstab“ zum Film „Frozen“, ein Stück grünliches Plastik mit einem Ton-Chip, in Deutschland stolze 21 Euro kostet, bietet seine Herstellerfirma nur erschreckend niedrige Löhne. Bei der Firma Zhenyang Toys in der Industriestadt Dongguan liegt der Monatslohn bei 240 Euro. Wer am Band eine Minute hinterherhinkt, dem wird gleich ein halber Tageslohn zur Strafe abgezogen. Das ist eines der Ergebnisse von Nachforschungen der Organisation „China Labour Watch“, die versteckte Ermittler als junge Arbeitssuchende in die Unternehmen geschickt hat.

 

Die gesamte Einweisung für neue Mitarbeiter dauert in den Betrieb gerade einmal 20 Minuten, von denen etwa fünf Minuten dem Thema Arbeitssicherheit gewidmet sind. Chinas Gesetze sehen dagegen mindestens 24 Stunden Schulung vor. Dementsprechend lax ist der Umgang mit Gefahrstoffen. Lösungsmittel und Farben hantieren die Arbeiter über viele Stunden hinweg ohne ausreichende Belüftung. Sie tragen weder Atemmasken noch Helme. Das Unternehmen leitet seine Industrieabwässer demnach ungeklärt in einen Fluss. Die Arbeiterinnen leben in Schlafsälen mit je 16 Betten, 24 Klos für 320 Leute – ohne Dusche und Heißwasser.

 

 

Der Report stellt keinen direkten Zusammenhang zwischen der Herstellung von Fanartikeln zu Star Wars und den Arbeitsbedingungen her – es geht stattdessen um die allgemeinen Verhältnisse in Chinas Spielwarenindustrie. In vier weiteren Fabriken, die in dem Bericht von China Labour Watch erwähnt sind, häufen sich jedoch ebenfalls die Regelverstöße, um Kosten zu drücken. Hier zeigt sich die dunkle Seite der globalen Spielzeug-Macht. Das Zubehör zu den Märchenwelten komme aus Orten, an denen alptraumhafte Zustände herrschen, kritisiert die Organisation.

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