2. Jun
Schiff sinkt auf dem Yangtze: über 400 Tote befürchtet
Auf dem längsten Fluss Chinas, dem Changjiang oder Yangtze, ist am Samstagabend ein Passagierschiff gekentert. Staatsmedien zufolge befanden sich 458 Menschen an Bord, von denen sich nur 13 retten konnten. Der Verbleib der anderen ist unbekannt.
Medienberichten zufolge befinden sich an Bord noch Überlebende. Aus Dem Rumpf seien Rufe zu hören, berichtet der staatliche Fernsehsender CCTV. Taucher konnten am Dienstag eine 85-jährige Passagierin aus dem Wrack retten.
Das Boot war 76 Meter lang und diente als Ausflugsschiff im Umkreis des Drei-Schluchten-Staudamms. Es war auf dem Weg von Nanjing in der küstennahen Provinz Jiangsu nach Chongqing tief im Inland.
Dem Staatssender CCTV zufolge war schlechtes Wetter die Unglücksursache. Ein Zyklon hatte der Region heftigen Regen und orkanartige Böen gebracht. Das Schiff soll innerhalb weniger Minuten gesunken sein.
Unbestätigten Berichten zufolge befinden sich ausgerechnet der Kapitän und der Chefingenieur unter den acht Geretteten.
Soeben laufen die Nachmittags-Nachrichtensenudngen von CCTV. Interessanterweise sind die ersten drei Nachrichten: der MERS-Ausbruch in Südkorea, neue Erkenntnisse über den Germanwings-Absturz und Fifa-Präsident Blattner. Das Fährunglück mit vielen Todesopfern haben viele der Sender mit überraschend lapidaren und kurzen Sondersendungen abgehakt.
Ich will nicht gleich eine Verschwörungstheorie daraus machen, aber warum bringen die nicht mehr zu der Schiffskatastrophe, während zum Untergang der südkoreanischen Fähre “Sewol” vor einem Jahr 24 Stunden lang Sondersendungen kamen?
Es liegt vermutlich an mehrere Faktoren:
– Li Keqiang ist auf dem Weg ins Unglücksgebiet. CCTV will groß einsteigen, wenn sie ihn sauber ausleuchtet dort als Problemlöser präsentieren können – vermutlich geht es mit den Hauptnachrichten um 17 Uhr richtig los. CCTV 13 bringt bereits Szenen von Premier Li, wie er seinem Stab im Flugzeug Anweisungen erteilt plus die Info: “Sein Boot befindet sich nur 50 Meter von dem gekenterten Schiff entfernt.”
– bei einem inländischen Thema haben die Verantwortlichen Hemmungen, mit Spekulationen und Vermutungen einzusteigen. Die Lage ist derzeit noch unklar – und keiner will einen Fehler machen;
– im vergangenen Jahr wollte der chinesische Staat von dem Flugzeugunglück MH370 ablenken, deshalb haben die amtlichen Medien das “Sewol”-Unglück größer gebracht;
– die Redakteure denken, dass sie mit den Sondersendungen auf den News-Kanälen genug machen und glauben, das Thema nicht auch noch im Nachrichtensegment breittreten zu müssen.
Wie auch immer, deutsche oder amerikanische Sender würden vermutlich stundenlang auf “Breaking News”, einen “Brennpunkt” usw. umschalten, wenn sich ein ähnlich großes Schiffsunglück mit so dramatischer Entwicklung der Rettungsoperation in ihrem Land ereignen würde.