24. Sep

Treffen der Rivalen

Chinas stille Armee auf dem Vormarsch in die USA: Die Terrakotta-Krieger auf einem Wandgemälde in San Francisco. Foto: Shutterstock

Chinas stille Armee auf dem Vormarsch in die USA: Die Terrakotta-Krieger auf einem Wandgemälde in San Francisco.

Xi besucht Obama – und gibt sich gegenüber der Supermacht betont selbstbewusst

Peking. Der Herausforderer begibt sich in das Revier des Platzhirschen: Chinas Präsident Xi Jinping besucht ab Dienstag sechs Tage lang die USA. Am Donnerstag wird er Barack Obama in Washington treffen. Aus chinesischer Sicht handelt es sich um das außenpolitische Ereignis des Jahres. Das Außenministerium bereitet die Reise bereits seit Jahren vor und achtet auf jedes Detail. Die Staatsmedien kennen kein anderes Thema.

Der vorige Staatsbesuch eines chinesischen Präsidenten liegt nur vier Jahre zurück – doch seitdem hat sich das Verhältnis der beiden Länder geändert. „Der Wettbewerb auf allen Feldern ist heftiger als je zuvor“, sagt Ni Feng vom Institut für Nordamerikastudien der Chinese Academy of Social Sciences. Bei den amerikanisch-chinesischen Gesprächen begegnen sich erstmals Rivalen auf Augenhöhe.

Der Internationale Währungsfonds hält die chinesische Volkswirtschaft schon für größer als die amerikanische, wenn die Kaufkraft berücksichtigt wird. China setzt seinen neuen Reichtum zudem mehr und mehr in handfesten Einfluss um. In diesem Jahr werden die Auslandsinvestitionen weltweit erstmals 1000 Milliarden Dollar übertreffen, schätzt das Handelsministerium in Peking. Im vergangenen Jahr haben die Investitionen in den USA zusammengezählt bereits die Marke von 100 Milliarden geknackt.

Bei seinem ersten Stopp in der Westküstenstadt Seattle trifft er zunächst auf amerikanische Wirtschaftsführer wie Warren Buffet und Bill Gates. Xi reist mit einer dementsprechend großen Wirtschaftsdelegation nach Amerika – es steht also der Abschluss weiterer Verträge bevor. China ist zudem der größte Gläubiger Washingtons. Mit Xi kommt kein armer Bittsteller, sondern ein Miteigentümer der USA zu Obama.

Auch militärisch ist der Abstand geschrumpft. Die USA geben zwar immer noch fünf Mal mehr für Waffen und Soldaten aus, doch mit einem Budget von 125 Milliarden Euro kann die Volksbefreiungsarmee schon eine Menge anfangen. Bei einer Militärparade Anfang des Monats waren unter anderem Langstreckenraketen zu sehen, mit denen China jedes Ziel in den USA bedrohen kann, dazu Abwehrwaffen, die zumindest vor der eigenen Küste jeden Angriff der Amerikaner abwehren können. Mit China, so viel ist klar, legt sich auch die US Army besser nicht an.

China mag zwar noch keine Supermacht sein, die ihren Einfluss nach Belieben weltweit geltend machen kann, doch es handelt sich um die klare Nummer zwei – mit dem Anspruch, auf Augenhöhe mit den USA zu spielen. Darauf zielen auch die aktuellen Entwicklungspläne ab. Sie sehen beispielsweise für die chinesische Währung, den Yuan, eine Rolle als internationaler Leitwährung vor. Auch auf symbolischer Ebene soll Gleichstand herrschen. China will beispielsweise Astronauten auf den Mond schicken. Das mag teuer sein, doch so eine Mission hat bisher nur die Supermacht Amerika bewältigt. Das zählt.

Die Rivalität zwischen der alten Supermacht und der neuen Großmacht bricht derzeit besonders offen auf dem Feld der Datensicherheit aus. Chinesische Hacker sind zuletzt immer wieder in amerikanische Regierungscomputer eingebrochen, während sich auch in China keiner mehr vor der Schnüffelei des US-Geheimdienstes NSA sicher fühlt.

Dementsprechend aggressiv fallen die gegenseitigen Anschuldigungen aus. „Wir haben den Chinesen klar gemacht, dass wir diese Praktiken nicht dulden“, sagte Obama im Vorfeld des Besuchs. „Wir können hier einen Wettkampf beginnen – den wir Amerikaner gewinnen werden, wenn es sein muss.“ Um die Wogen etwas zu glätten, streben die beiden Länder nun eine Art Nichtangriffspakt auf die Server der anderen Seite vor. Welche Chancen der Vorschlag hat, wird sich bei den Gesprächen zeigen.

Politische Kommentatoren in China vergleichen Xis Reise bereits mit dem historischen Besuch des Reformers Deng Xiaoping im Jahr 1979. Das ist zu hoch gegriffen – Deng war der erste chinesische Führer überhaupt, der die USA überhaupt besucht hat. „Außerdem haben die Rahmenbedingungen sich völlig geändert“, sagt Politologe Ni. Damals hatten beide Seiten mit der Sowjetunion einen gemeinsamen Gegner. Heute stehe die gegenseitige Konkurrenz im Vordergrund.

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