2. Nov

Verhaltene Reaktionen auf Abschaffung des Ein-Kind-Zwangs

Mutter mit Einzelkind in Peking-Sanlitun. Foto: fmk

Mutter mit Einzelkind in Peking-Sanlitun. Foto: fmk

Die Auswirkung des Politikwechsel sind umstritten: Die Gesellschaft hat sich an kleine Familien gewöhnt

Peking. Die Kommunistische Partei stellt die Aufhebung der berüchtigten Ein-Kind-Politik in Aussicht – und gerade die Generation der Einzelkinder reagiert mit einem ordentlichen Schuss Zynismus: „Wenn man den Medien-Hype sieht, könnte man meinen, dass es jetzt Pflicht wird, zwei Kinder zu haben“, sagt die Journalistin Yan Yan. „Ich bin heilfroh, dass es nicht so ist!“ Sie selbst, in den 1980er-Jahren geboren, sei mit einem Kind völlig zufrieden. Mehr können sie und ihre Mann sich weder finanziell noch nervlich leisten, meint sie.

Am Donnerstag hat das Zentralkomitee, das Machtzentrum der Partei, die historische Kehrtwende beschlossen.  Die Reaktionen am nächsten Tag waren jedoch bei weitem nicht so euphorisch wie die Partei es sich vielleicht erhofft hat. Genau die jungen Leute im richtigen Alter für eine Familiengründung entstammen der Ein-Kind-Generation – und die kennt keine Geschwister. „Na toll. Dann sollen wir also alleine zwei alte Eltern und zwei Kinder durchbringen?“, fragt ein 31-Jähriger in einem Web-Forum. Die Aufhebung der Ein-Kind-Politik erscheine ihm mehr als Pflichtprogramm gegen die Rentenlücke denn als große Reform.

 

Andere Netzbürger machen sich über die jahrzehntelange Propaganda gegen das zweite Kind lustig. Per Photoshop änderte ein Blogger einen Slogan ab, den örtliche Parteikader einst auf eine Mauer haben malen lassen. Der Spruch „Wir können uns ein Blutbad an Zwangsabtreibungen leisten, aber kein zweites Kind!“ lautet nun: „Wir können uns ein Blutbad leisten, aber keinen Kindermangel!“

 

In einer Online-Umfrage des Portals Sina.com am Freitag sagten nur 29 Prozent der Teilnehmer, dass sie ein zweites Kind wollen. Zu teuer, klickten die meisten als Begründung an. Nur noch 15 Prozent der Frauen in Shanghai wollen einer offiziellen Umfrage zufolge ein zweites Kind.

 

Damit läuft ein Ära vergleichsweise unspektakulär aus, in der der Staat gewaltiges Leid über Familien gebracht hat, indem er die Kontrolle über die privatesten Entscheidungen der Eltern übernommen hat. Die Wirtschaft reagierte dagegen im In- und Ausland begeistert auf die Aussicht, dass der chinesische Markt sich verjüngen und weiter wachsen könnte. „Danke dafür, uns mehr Kids zu schicken“, sagte, halb im Scherz, der Chef des Disney-Konzerns, Robert Iger, auf einer Konferenz in Shanghai. Der Unterhaltungskonzern baut in der Hafenmetropole derzeit seinen bisher größten Vergnügungspark außerhalb Amerikas.

Immerhin: Wenn die Politik 2,5 Millionen Geburten mehr pro Jahr bewirkt, dann bringt sie gute 10 Milliarden Euro an zusätzlichem Konsum, wie der Ökonom Liang Jianzhang von der Peking-Universität vorrechnet.

 

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