5. Aug

Zensoren jagen einen Käfer namens Xi


Was ein Biologe als große Ehre verstanden hat, wird zum Politikum

Peking. Der Zoologe Wang Chengbin ist ein glühender Verehrer von Xi Jinping. Er wollte dem chinesischen Staatspräsidenten Mitte dieses Jahres die höchste Ehre zuteilwerden lassen, die er sich als Wissenschaftler vorstellen kann. Wang benannte eine neu entdeckte Käferart nach Xi. Wang glaubte, den Namen des Politikers gemacht für die Ewigkeit tauglich gemacht zu haben. Er ahnte nicht, wie viel Ärger er sich mit seiner Entscheidung seitdem einhandeln würde.

Rhyzodiastes Xii kommt auf Chinas Südinsel Hainan vor, wo Wang den Käfer entdeckt hat. Bei Veröffentlichung seines Fundes in der Fachzeitschrift „Zootaxa“ widmete der Patriot die neue Art ausdrücklich „Xi Jin-Ping, dem Präsidenten der Volksrepublik China, unter dessen Führung unser Vaterland stärker und stärker wird.“ Wang hatte im Eifer nicht bedacht, wie seine Veröffentlichung auf die breite Öffentlichkeit wirken würde. Denn Rhyzodiastes Xii lebt in verrottenden Baumstümpfen und ernährt sich von faulem Holz.

Was Entdecker Wang als Metapher auf die Antikorruptionsbekämpfung gesehen hat („beide vernichten Fäulnis“), wurde im chinesischen Internet zu einer Lachnummer. Im biologischen Sinne ist das Wesen zwar keine Mistkäferart, aber im Volksmund im Netz nahe genug dran. Die Zensurbehörde des Landes hat seitdem reagiert. „Alle Webseiten sind aufgefordert, alle Artikel zu dem Käfer zu löschen“, lautet eine Anweisung der Medienaufsicht, wie aus durchgesickerten Informationen auf der US-Website China Digital Times hervorgeht. Die Aufseher haben auch private Einträge auf Sozialmedien sofort gelöscht.

Entdecker Wang ist tief enttäuscht. Es handele sich bei Rhyzodiastes Xii in seinem Augen um eine kostbare Käferart, genauso selten wie der Ausnahmepolitiker Xi. So verteidigt er auch die Entscheidung für seine Namensgebung. Wer Rhyzodiastes Xii für einen einfachen Mistkäfer halte, sei ein kulturloser Ignorant, zitiert ihn die Nachrichtenagentur AP. In China ist Wang wegen solchen Äußerungen längst mundtot gemacht worden. Er forscht derzeit in Prag.

Um die Ehre seines Käfers zu retten, preist Wang derweil dessen besonderen Eigenschaften, darunter den „satten Glanz“ des Panzers. „Das Genitalsegment ist mittellang und an der Spitze sanft abgerundet“, beobachtet Wang. Kein Wunder, dass die Zensoren die Sperre noch verschärft haben – und im Netz erster Zweifel am Geisteszustand des Forschers laut wird.

Ein Kommentar zu “Zensoren jagen einen Käfer namens Xi”

  1. Katharina sagt:

    Ich freue mich darauf zukuenftige Beitraege via Email zu erhalten.

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